Weihnachts-Übung des Technischen Zuges

THW Ronnenberg testet neues Equipment.

Ronnenberg. Der THW Ortsverband Ronnenberg ist durch die Teileinheiten des Technischen Zuges auf die Rettung und Bergung von Personen nach Gebäudeschäden spezialisiert. Durch die Spezialausstattung und die Kombination der einzelnen Gruppen sollen die THW-Helfer in die Lage versetzt werden auch bei schwerer Vertrümmerung Verschüttete aufzufinden und zu diesen vorzudringen um sie zu retten oder zu bergen.

Der Technische Zug Ronnenberg verfügt neben dem Zugtrupp (Ztr) als Führungsinstrument und der universell einsetzbaren 1. Bergungsgruppe (B1) über eine 2. Bergungsgruppe (B2-b) speziell ausgerüstet für schwere Bergungsaufgaben, eine Fachgruppe Räumen (FGr R-a) und eine Fachgruppe Ortung (FGr O-a) mit Spürhunden und elektronischen Ortungsgeräten.

Zwischen dem 27. und dem 30. Dezember hatten die Ronnenberger THW Helfer Gelegenheit die teilweise neu zugewiesenen Geräte ausgiebig an einem Abbruchgebäude zu testen. An den drei Übungstagen, an denen insgesamt 32 THW Helfer zwischen Weihnachten und Neujahr teilnahmen, sollten vor allem Erfahrungswerte hinsichtlich des Erstellens von Wand- und Deckendurchbrüchen gesammelt werden.

Als Übungsobjekt hatte die Stadt Gehrden ein Schulgebäude des Matthias-Claudius Gymnasiums zur Verfügung gestellt. Das zweigeschossige Gebäude mit einer Grundfläche von ca. 500 m² soll Anfang Januar abgerissen werden und einem Neubau weichen.

Am ersten Übungstag waren lediglich die beiden Gerätekraftwagen (GKW I und GKW II) sowie der Sprengtrupp der Fachgruppe Räumen mit Mehrzwecklastwagen (MLW) und Drucklufterzeuger (DLE) im Einsatz. Das Gebäude, das am Hang gebaut ist, war für schwere LKW schlecht zugänglich, da nur ein sehr enger Zufahrtweg zur Verfügung stand und der Regen den unbefestigten Bereich stark aufgeweicht hatte.

Zunächst sollte geprüft werden, ob es möglich ist, in die nicht tragenden Innenwände mit dem Vorschlaghammer oder einer Kreuzhacke ein Loch zu schlagen. Schnell stellten die Helfer fest, dass die manuell geführten Werkzeuge trotz großer Anstrengungen auch bei den dünneren Wandstärken kaum eine Beschädigung hervorriefen.

Mit dem elektrischen Abbruchhammer (1000W) der ersten Bergungsgruppe wurden mehrere Mauerdurchbrüche durch die Innenwände gestemmt. Vor jedem Durchbruch musste zunächst eine Erkundungsbohrung durchgeführt werden, durch die mit einer Endoskopkamera, die zukünftig für die Fachgruppe Ortung vorgesehen ist, der Raum hinter der Wand inspiziert werden könnte. Bei jedem Mauerdurchbruch sollte eine Rettungsöffnung mit einer Größe von 70 x 50 cm geschaffen werden.

Der Zeitbedarf für eine solche Öffnung lag bei den ca. 36 cm dicken Wänden mit dem Abbruchhammer 1000 W bei ca. 25 bis 30 Minuten. Parallel dazu wurde auch der schwerere Abbruchhammer der 2. Bergungsgruppe verwendet. Dieser hat eine Leistung von 1600 W, was sich bei der Dauer der Wanddurchbrüche mit 20 bzw. 22 Minuten bemerkbar machte.

Am ersten Übungstag sollte ein Deckendurchbruch durch die 18 cm dicke Stahlbetondecke mit zusätzlicher Estrichauflage mit den elektrischen Aufbrechhämmern durchgeführt werden. Zunächst wurden entlang der Schnittkante in einem Abstand von ca. 15 cm senkrechte Bohrungen gesetzt. Danach galt es die Bohrungen miteinander zu verbinden. Aufgrund eines Defektes des Motortrennschleifers mussten alle Arbeiten mit den Abbruchhämmern getätigt werden.

Nach genau 200 Minuten hing der ca. 180 kg schwere Betonblock nur noch an den Stahlarmierungen. Diese wurden dann mit dem Brennschneidgerät durchtrennt. Im Einsatzfall hätte das Betonstück vorher nach abgefangen werden müssen, so dass es nicht in den darunter befindlichen Raum fällt und dort möglicherweise Personen gefährdet.

Neben dem mit Acetylen und Sauerstoff betriebenen Brennschneidgerät (B1) kam am ersten Einsatztag auch das elektrisch betriebene Plasmaschneidgerät (B2) zum Einsatz. Wegen der hohen elektrischen Aufnahmeleistung musste daher der Stromerzeuger 30 kVA mitgeführt werden, An den anderen Tagen reichte für die Stromversorgung der Einsatzstelle das tragbare 13 kVA Aggregat der 2. Bergungsgruppe aus.

Seit kurzem verfügt die zweite Bergungsgruppe auch über ein elektrisches Kernbohrgerät mit unterschiedlichen Bohrkronendurchmessern. Mit diesem Gerät lassen sich erschütterungsfrei Probebohrungen und sogar Mauerdurchbrüche erstellen.

Zu Beginn der Arbeiten muss ein zentraler Schwerlastdübel gesetzt werden, an den der Bohrständer befestigt wird. Zur Kernbohrung ist neben Strom auch Wasser notwendig, um die Bohrkorne zu kühlen und das Schleifmehl zu transportieren.

Bei Kleineren Kronendurchmessern kann das Gerät im Notfall auch mit der Hand geführt werden. Die Vortriebsgeschwindigkeit richtet sich nach der Festigkeit des Materials. Für den Fall, dass an der Einsatzstelle kein Wasseranschluss vorhanden ist, kann ein mobiler Wasserbehälter verwendet werden, auf den mit dem Kleinkompressor Druckluft aufgebracht wird. Der Kompressor wird in der Bergungsgruppe auch zum Betrieb des Plasmaschneiders verwendet.

Am Nachmittag des ersten Tages wurde eine Bergungsübung durchgeführt, bei der hintereinander drei Mauerdurchbrüche unter erschwerten bzw. beengten Verhältnissen erforderlich wurden.

Der Vormittag des zweiten Übungstages stand vor allem im Zeichen der Sprengarbeiten. Mit dem Sprengtrupp der Fachgruppe Räumen wurden drei Einbruchsprengungen durchgeführt. Im Gegensatz zu den Zusammenbruchsprengungen, die dass THW im Rahmen von Sicherungsarbeiten an Gebäuden und Bauwerksteilen durchführen kann, geht es bei der Einbruchssprengung darum das Gestein nur so weit zu schwächen, dass der Durchbruch wesentlich schneller erfolgen kann als bei handgeführten Arbeitsgeräten.

Um an der Innenseite möglichst wenig Splitterwurf zu haben und um eine kurze Vorbereitungszeit zu haben, wird der Sprengstoff lediglich aufgelegt. Da im allgemeinen aufgelegt und unverdämmter Sprengstoff eine geringe Wirkung entfaltet und immer von einer Gefährdung durch weg geschleudertes Material zu rechnen ist, wurden die Einbruchsprengungen mit einer hohen Wasserverdämmung durchgeführt.

Um die Ladung einfacher und schneller positionieren zu können bediente man sich eines Pappkartons. Das Explosivmaterial wurde in fünf Teilen positioniert und mit Momentzündern versehen. Mit Hilfe von Big-Bags, die von der Feuerwehr Ronnenberg unmittelbar vor der Sprengung mit 400 - 800 Litern Wasser gefüllt wurden, konnte die Wasserverdämmung realisiert werden.

Ladungsmengen von 200 - 250 g Gesteinssprengstoff reichten bei dieser Verdämmung aus, um die Außenwände und die Betondecke zu durchstoßen. Im Einsatzfalle wäre eine noch geringere Ladungsmenge angezeigt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich hinter der zu durchbrechenden Wand noch Personen befinden.

Einbruchsprengungen eignen sich auch hervorragend, um der Feuerwehr bei unzugänglichen Bränden einen Angriffsweg über das Dach oder eine Außenwand zum Vortragen des Löschangriffes zu schaffen.

Der Nachmittag wurde vor allem zur Erprobung der druckluft-betriebenen schwere und leichten Abbruchhämmer so wie der Druckluftbohrmaschine durch Helfer der 1. Bergungsgruppe und der Fachgruppe Räumen genutzt. Weiterhin steht der 2. Bergungsgruppe seit neustem eine hydraulische Mauerwerkskombischere und ein hydraulisches Spaltgerät samt Hydraulikpumpe zur Verfügung. Die Geräte wurden dem Ortsverband Ronnenberg von der Firma Darda für vorerst ein Jahr kostenlos zur Erprobung überlassen.

Für die Kombischere stehen zwei Aufsätze zur Verfügung. In der einen Version (HCS 5 C) können Stahlarmierungen mit einer Schneidkraft von 169 kN (Stahlarmierungen bis 18 mm²) getrennt werden. Weiterhin ist ein Aufspreizen von Metallkonstruktionen mit einer Spreizkraft von 34 kN und einer Öffnungsweite von 320 mm möglich.

Mit dem zweiten Aufsatz (HCS 5 B) kann bis zu 32 cm dickes Mauerwerk gelöst und aufgebrochen werden. Dabei ?beißt? sich das Gerät regelrecht in das Gestein. Die Beißkraft und die Aufbrechkraft, die sich durch umklappen der Spitzen entfalten lässt, beträgt jeweils ca. 40 kN bei einer Maximalen Öffnungsweite von 400 mm.

Das Zangenwerkzeug eignet sich besonders dann, wenn in einer Mauer bereits ein Loch vorhanden ist, das zur Rettung von Personen erweitert werden soll. Im Stahlbeton lässt sich das Werkzeug bei einer Materialstärke von bis zu ca. 5 - 7 cm noch anwenden, wie an den Rändern des gesprengten Deckendurchbruches sichtbar wurde.

Am zweiten Übungstag unterstützte die Ortsfeuerwehr Ronnenberg das Technische Hilfswerk mit einer Löschgruppe und einem Tanklöschfahrzeug. Die Feuerwehrkameraden halfen nicht nur bei den Sprengvorbereitungen sondern hatten auch die Möglichkeit sich selbst an Mauerdurchbrüchen zu versuchen.

Mit dem Druckluftbohrer können nicht nur Bohrlöcher für Sprengladungen gefertigt werden. Das Gerät eignet sich auch für Erkundungsbohrungen und zum Erstellen der Bohrlöcher für den Einsatz des hydraulischen Spaltgerätes.

Zum Einsatz des Spaltwerkzeuges (C9 N) ist eine Bohrung mit einem Durchmesser von 45 - 48 mm erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gerät die Möglichkeit haben muss das Material zu einer freien Seite hin wegzupressen. Beim Deckendurchbruch sollten daher die ersten Bohrungen in einem Winkel von ca. 45° gesetzt werden. Danach wird mit senkrechten Bohrungen weiter gearbeitet. Der Einsatz des hydraulischen Spaltgerätes erscheint vor allem bei Stahlbeton sinnvoll. Die Armierungen werden bei entsprechendem Einsatz von der Spaltkraft von theoretisch bis zu 2995 kN (305 t) zerrissen. Die wirksame Länge des Spaltwerkzeuges beträgt 230 mm.

Eine Beurteilung der beiden hydraulischen Abbruchgeräte insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Katastrophenschutzes ist natürlich noch nicht möglich. Bei den Versuchen im Rahmen der Übung machten die Werkzeuge der Firma Darda jedoch bereits einen guten Eindruck.

Am Nachmittag wurde wiederum eine Bergungsübung veranstaltet. Diesmal sollten zwei Atemschutztrupps insgesamt drei Mauerdurchbrüche mit dem leichten Druckluft-Abbruchhammer als Rettungsöffnung ausführen. Dabei lagen die besonderen Schwierigkeiten beim Arbeiten in engen Räumen mit dem Pressluftatmer.

Am dritten Übungstag kamen neben den bisher getesteten Geräten und Werkzeugen auch das Bergungsräumgerät der Fachgruppe Räumen zum Einsatz. Im Hangbereich sollte eine Betonmauer entfernt werden um an die Außenwand des Gebäudes zu gelangen.

An einer Kellerwand wurde erfolgreich ein Mauerdurchbruch mit der hydraulischen Kombischere geschaffen, in den zunächst mehrere Steine herausgespreizt wurden, um dann Ansatzmöglichkeiten für die Zange zu finden.

Die hydraulische Kombischere und das Spaltwerkzeug werden mit einer elektrischen Hydraulikpumpe betrieben. Bei einer Leistungsaufnahme von 1,5 kW wird ein Fördervolumen von 2,3 l/min erreicht. Der Betriebsdruck ist auf 500 bar eingestellt. Der Betrieb mit den hydraulischen Aggregaten des THW, die in den Bergungsgruppen für den Spreizer (SP30) und das Schneidgerät (S90) vorhanden sind, wäre grundsätzlich möglich. Jedoch verringert sich die Lebensdauer der hydraulischen Abbruchgeräte mit höherem Betriebsdruck.

Das Bergungsräumgerät war mit der Klappschaufel, und mit dem Frontbaggerarm im Einsatz. Nachdem ein Teil der Böschung abgetragen war, musste eine Betonwand, die zur Stabilisierung der Böschung aufgestellt wurde, mit dem Hydraulikhammer zerkleinert werden. Mit Hilfe des Tieflöffels konnten dann die Betonreste beseitigt werden.

Für die Helfer der Fachgruppe Räumen bot sich durch die Aufgabe eine hervorragende Übungsmöglichkeit, da die Anbaugeräte mehrfach gewechselt werden mussten. Mit dem Hydraulikhammer des Bergungsräumgerätes wurde dann die Kellerwand durchbrochen. Der hier gezeigte Mauerdurchbruch war nach Freilegung des Wand innerhalb von 5 Minuten erstellt.

Am zweiten und dritten Übungstag waren auch 10 Helfer der DRK-Bereitschaft aus dem Ronnenberger Stadtteil Empelde beteiligt. Das Rote Kreuz kümmerte sich um die Versorgung aller Helfer und führte selbst Übungen zur Verletztenbergung durch. Die Helfer verfügen über eine Endoskopkamera mit der sie durch kleine Bohrungen in die dahinter liegenden Räume sehen können. Eine Bohrung mit einem Durchmesser von 30 mm ist dabei vollständig ausreichend.

Die Übung bot allen Beteiligten eine gute Möglichkeit ausgiebig die im Technischen Zug Ronnenberg vorhandenen Geräte zu testen. Dabei sind unzählige kleine Probleme aufgetreten, die zukünftig durch eine veränderte Ausstattung oder ein anderes Vorgehen abgestellt werden können. Nur selten bieten sich dem THW entsprechen geeignete Übungsmöglichkeiten.

Um dem Anspruch der StAN gerecht zu werden, dass der TZ mit FGr Räumen und Ortung das Kompetenzzentrum im Bereich Bergung aus schwierigen Trümmerlagen darstellen soll, werden zukünftig verstärkt ähnliche Übungen durchgeführt. Wünschenswert wäre sicher auch der Einsatz der hydraulischen Betonkettensäge gewesen. Diese ist der zweiten Bergungsgruppe jedoch bisher noch nicht zugewiesen worden.

Neben viel Positivem bleiben jedoch auch einige Mängel in Erinnerung, die sich vor allem auf die Qualität der vom Bund beschafften Geräte und auf die Qualität der daran durchgeführten Instandsetzungsarbeiten beziehen.

Alles in allem wurden durch die Anwesenden eine sehr positive Bilanz gezogen. Neben den neuen Erfahrungswerten ist die Gute Zusammenarbeit von Feuerwehr, THW und DRK hervorzuheben. Von den geleisteten Arbeiten haben sich während der Übungstage verschiedene Vertreter aus Politik und Verwaltung überzeugt. Die örtliche Presse widmete der Arbeit des THW eine zweiseitige Berichterstattung.

Bernhard Rodeck
THW Ortsverband Ronnenberg


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