Uetze (Landkreis Hannover). Donnerstag - kurz vor 16 Uhr erschütterte eine schwere Explosion den Uetzer Ortsteil Hänigsen. Arbeiter hatten beim Anschluß eines Anbaus mit ihrem Kernbohrgerät eine Gasleitung beschädigt. Über mehr als eine halbe Stunde strömte Gas in den Keller des daneben befindlichen Zweifamilienhauses.
Bei Eintreffen der unmittelbar nach dem Ereignis alarmierten Stütz-punktfeuerwehr Hänigsen verdichteten sich bereits die Hinweise, daß sich zum Zeitpunkt des Unglücks noch mehrere Personen in dem Gebäude aufgehalten hatten. Neben allen im Umkreis verfügbaren Kräften des Rettungsdienstes (4 RTW, 1 NEF, 2 RTH) wurden mehrere Ortsfeuerwehren sowie die Schwerpunktfeuerwehren Uetze und Burgdorf mit Rüstwagen und Drehleiter zur Unterstützung der örtlichen Hilfskräfte entsandt.
Die erste Erkundung ergab, daß mehr als die Hälfte des Altbaus total zusammengebrochen war. Fast über die gesamte Grundfläche waren das Erdgeschoß und das erste Obergeschoß in den Keller gestürzt. Das zum Teil ausgebaute Satteldach wurde ebenerdig vorgefunden. Der verbleibende Rest des Gebäudes war angeschlagen und zum Teil akut einsturzgefährdet. Bereits nach 10 Minuten wurden durch die Feuer-wehr die Schnelleinsatzgruppe Bergung des örtlich nächstgelegenen THW Ortsverbandes Burgdorf und die Schnelleinsatzgruppe Ortung des Ortsverbandes Ronnenberg (beide GFB Hannover) angefordert.
Durch einen glücklichen Umstand erreichte der THW-Fachberater des Ortsverbandes Ronnenberg die Einsatzstelle bereits mit den ersten Feuerwehrkräfte und unterstützte zunächst die unmittelbaren Rettungs-arbeiten im Trümmerbereich, bevor die gemeinsame Einsatzleitung mit der Einsatzleitgruppe der Feuerwehr Uetze unter Beteiligung von Polizei und Rettungsdienst eingerichtet wurde.
In den ersten Minuten des Einsatzes wurden zwei Kinder im Alter von 1 und 7 Jahren aus den Trümmern gerettet. Nach Absperren der Gas-zufuhr wurden Einsatzabschnitte gebildet und systematisch in die oberen Trümmerbereiche eingedrungen. Gegen 17:00 Uhr befanden sich ca. 100 Feuerwehrkräfte an der Unglückstelle. Eine ältere Frau wurde bei der systematischen Absuche der einsehbaren Bereiche gefunden und gerettet. Sie verstarb jedoch später im Krankenhaus. Der in der Gemeindeverwaltung Uetze beschäftigte Fachberater THW des Ortsverbandes Lehrte übernahm nach seinem Eintreffen die Beratung der Einsatzleitung, so daß das THW nun mit zwei Fachkundigen, auch wieder unmittelbar an den Trümmern beratend zur Verfügung stand. Die Schnelleinsatzgruppe des THW Ortsverbandes Lehrte wurde alarmiert.
Die ersten Einsatzkräfte des THW Burgdorf, die mit Mannschaftstrans-portwagen (MTW), Gerätekraftwagen (GKW I), Kipper mit Druckluft-erzeuger (DLE ) und Bergungsräumgerät (BRmG) eintrafen unterstützen die Feuerwehr zunächst bei den Sicherungsarbeiten, da die vorgehenden Einsatzkräfte durch die teilzerstörten Bauwerksteile extrem gefährdet waren. Unter einer Rutschfläche wurde die erste Leiche geborgen.
Die Ronnenberger SEG Ortung war mit der elektronischen und der biologischen Ortungskomponente und zwei Mehrzwecklastwagen (MLW-O1, MLW-O2) vor Ort. Noch vor Eintreffen der ersten Spürhunde kam das elt. Ortungsgerät (WASAG) zum Einsatz. Die Geophone wurden an unterschiedlichen Stellen ausgelegt und die Bergungsarbeiten kurzzeitig unterbrochen. Verdächtige Geräusche waren jedoch nicht zu vernehmen. Erst der Einsatz von Spürhunden der Fachgruppe Ortung des THW und der Rettungshundestaffel des DRK Empelde erbrachte gesicherte Hinweise die das weitere Eindringen in die Trümmer bestimmten.
Hauptaufgabe der Schnelleinsatzgruppe des THW Ortsverbandes Lehrte, mit Gerätekraftwagen (GKW I (neu), GKW II (neu)), und später unterstützt durch den Mehrzwecklastwagen (MLW 3) der Fachgruppe Infrastruktur, war zunächst das großflächige Ausleuchten der Einsatz-stelle sowie das herstellen einer zentralen Stromversorgung. Weiterhin unterstützten die THW-Helfer die Feuerwehr beim Eindringen in die Kellerbereiche. Eine weitere Leiche wurde geborgen.
Mittlerweile wurde der hauptamtliche Rettungsdienst auch durch die Kräfte der DRK SEG Burgdorf (Süd) verstärkt. Die Kipper der Fachgruppen Räumen der Ortsverbände Burgdorf und Ronnenberg (Kipper Ldkr, MTW) wurden, nachdem sie Bauholz für die Abstütz- und Aussteifungsarbeiten von einem nahegelegenen Sägewerk angeliefert hatten, als Transportfahrzeuge für die per Hand abgetragenen Trümmerteile genutzt.
In einem zunächst vollständig ausgefüllten Kellerraum unterhalb der ehemaligen Küche konnte eine weitere Person, die vorher durch die Spürhunde geortet wurde, durch den gemeinsamen Einsatz von Feuerwehr und THW nur noch tot geborgen werden. Aus diesem Raum arbeitete man sich mit einem Mauerdurchbruch in einen teilweise ausgefüllten Nachbarkeller vor. Parallel dazu wurden zur Eigensicherung notdürftig Aussteifungen im Keller vorgenommen.
Die THW-Führungsstelle wurde durch die FGr Führung/Kommunikation des THW Ortsverbandes Lehrte mit dem Führungskraftwagen (FüKW), angelehnt an den Einsatzleitwagen der Feuerwehr eingerichtet und betrieben. In regelmäßigen Abständen fanden gemeinsame Lagebesprechungen aller beteiligten Organisationen in einem Zelt der Einsatzleitung statt, auf denen das weitere Vorgehen abgestimmt wurde.
Obwohl sehr schnell eine Liste der in dem Haus amtlich gemeldeten Personen zur Verfügung stand, änderte sich die Anzahl der vermißten Personen mehrmals. Unklar war insbesondere wie viele Gäste sich zum Zeitpunkt des Unglückes im Gebäude aufhielten. Am Ende des Einsatzes stellte sich heraus das lediglich drei der insgesamt 8 verschütteten Personen in dem Gebäude gemeldet waren.
Der Fund einer weiteren Leiche erfolgte eher zufällig, da in dem entsprechenden Kellerbereich die Sucharbeiten bis zur Sicherung des Hohlraumes mittels Grabenstützen zunächst eingestellt werden sollten. In einem Hohlraum, der an einem Kellerregal entstanden war, wurde das Bein dieser Person, die sich mit dem restlichen Körper unter einer ca. einen Meter starken dichten Schüttung befand, geortet. Beim Freilegen des Oberschenkels wurden die Füße einer weiteren Person gefunden, die sich noch tiefer unter den Trümmern befand. Nach ca. 45 Minuten konnte die erste und nach einer weiteren viertel Stunde die zweite verschüttete Person nur noch tot geborgen werden.
Das Abräumen der Trümmer erfolgte bis dahin ausschließlich per Hand. Ein weiteres vorgehen in den Kellerräumen war aufgrund der Gefährdung der Helfer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu verantworten. Eine nochmalige Absuche der zugänglichen Kellerbereiche mit Spürhunden verlief erfolglos. Auf der Einsatzbesprechung gegen 20:30 Uhr wurde daher entschieden, daß die weiteren Sucharbeiten erst nach Sicherung bzw. Abtragen der über dem Umgebungsniveau befindlichen Trümmer erfolgen sollte. Ein Statiker wurde hinzugezogen und konnte die Einsatzkräfte bei den Abstützarbeiten beraten.
Nach nochmaliger Absuche der Randtrümmer mit Spürhunden wurden diese mit der Bergungsräumgerät der FGr Räumen aus Burgdorf und dem Ladekran des Kippers FGr Räumen aus Ronnenberg soweit beseitigt, daß der Kran (FwK 40) der Berufsfeuerwehr Hannover an das eingestürzte Gebäude heranfahren konnte. Die geräumten Trümmerteile wurde mit den beiden Kippern der FGr R, die später noch durch einen Kipper der FGr Log-M des THW Ortsverbandes Springe unterstützt wurden, auf den Schützenplatz abgefahren.
Ab 23:00 wurden die Holzkonstruktionen des Dachbodens, des Giebels sowie der Decke des ersten Obergeschosses in großen Segmenten durch den Feuerwehrkran angehoben und auf einer Freifläche durch THW und Feuerwehr mit Kettensägen zerkleinert, bevor sie mit den Kippern abtransportiert werden konnten. Die eingesetzten Bergungs-helfer des Technischen Hilfswerkes wurden gegen Mitternacht durch frische Kräfte des THW OV Lehrte, OV Ronnenberg (GKW II), und OV Wunstorf (MTW, GKW I, GKW II) abgelöst. Der angeschlagene Bereich des Altbaus wurde nach Vorgabe des Statikers durch das THW mit Bausteifen und Holzstempeln ausgesteift.
Da immer noch eine Person vermißt wurde, und große Bereiche des zum Teil ausgefüllten Kellers nicht einsehbar waren, wurden die Trümmer oberirdisch, nachdem die großen Bauteile mit dem Kran abgehoben waren, per Hand bis in die Morgenstunden weiter abgetragen und ein Teil der einsturzgefährdeten Bauwerksteile niedergelegt. Zwischendurch wurden die Trümmerbereiche zur Sicherheit immer wieder mit Spürhunden abgesucht.
Am Freitag Vormittag wurden die THW-Helfer nochmals durch Kräfte der Ortsverbände Burgdorf und Lehrte abgelöst. In einem Einsatzabschnitt wurden die Kellerräume soweit geräumt das sämtliche Bereiche zugänglich bzw. einsehbar waren. Weitere Personen wurden jedoch nicht gefunden. Ein zweiter Einsatzabschnitt unterstützte die Kriminalpolizei bei der Spurensicherung. Die Gasleitung wurde ausgegraben und das Kernbohrgerät im Heizungskeller sichergestellt.
Nachdem die Unglücksstelle abschließend gesichert wurde war der Einsatz für das Technische Hilfswerk am Freitagnachmittag gegen 16:30 Uhr beendet. Insgesamt wurden durch die Explosion zwei Personen verletzt und sechs Personen getötet.
Der Einsatz zeichnete sich durch die in allen Bereichen gut funktionierende Zusammenarbeit der Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, DRK und Polizei aus. Das Technische Hilfswerk war in allen Phasen des Einsatzes entsprechend seiner Möglichkeiten eingebunden und als kompetenter Ansprechpartner gefragt. Der Einsatzwert der beteiligten Bergungs- und Fachgruppen wurde von der Feuerwehr bei einer gemeinsamen Nachbesprechung gelobt. Das frühe Eintreffen der THW Fachberater sowie die Fachkompetenz wurden hervorgehoben. Das Neukonzept und nicht zuletzt auch die Ausstattung der neuen Gerätekraftwagen hat sich bei dem Einsatz bewährt. Insgesamt leisteten die fünf beteiligten Ortsverbände, Burgdorf, Ronnenberg, Lehrte, Wunstorf und Springe etliche Einsatzstunden.
Beteiligte THW Einsatzkräfte:
Ortsverband Teileinheiten Helferzahl Fahrzeuge
OV Burgdorf ZTr, B1, FGr R 19 Helfer MTW, GKW 1, Kipper, BRmG, DLE