Wennigser Mark (Region Hannover). Das Land Niedersachsen unterhält im Stadtteil Wennigser Mark der Stadt Wennigsen am Deister das Bildungsinstitut der Polizei und das Polizeiamt für Technik und Beschaffung in Niedersachsen (PTBNI). Unter anderem werden in dieser Einrichtung alle Lehrgänge der Polizei für den Umweltschutz, und die Ermittlungen bei Verstößen gegen das Gefahrstoff- und das Strahlenschutzrecht durchgeführt. Neben kompetentem Lehrpersonal verfügt die Einrichtung daher auch über verschiedene schwach radioaktive Strahler, die als Prüfstrahler zu Ausbildungs- und Übungszwecken Verwendung finden. Durch die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Polizeikommissariat Ronnenberg bot sich am vergangenen Samstag für Helfer des THW Ortsverbandes eine Übung auf dem Polizeigelände in Wennigsen unter Verwendung realer Strahlenquellen durchzuführen.
Am frühen Morgen schon machten sich 14 Führungskräfte und interessierte Helfer der in Ronnenberg stationierten Teilkomponenten der Spezialeinheit Bergung ABC (SEB-ABC) mit vier Fahrzeugen und der Sonderausrüstung auf dem Weg zum Deister. Nach einem kurzen Rundgang auf dem Polizeigelände und im Schulgebäude richteten die Helfer in einem Gebäudeflügel die Basis ein, von der aus die Einsatztrupps in den kontaminierten Bereich starten sollten, während die Ausbilder der Polizei drei unterschiedliche Strahler aus dem speziell gesicherten Bereich holten. Die Strahlenquellen sind für den Transport auf dem Gelände zusätzlich in Bleibehältern gekapselt, um die Emission möglichst gering zu halten.
Die zum Teil gerichteten und zum Teil ungerichteten Strahlenquellen wurden im Außenbereich versteckt, während sich die THW-Helfer auf den Einsatz vorbereiteten. Im Strahleneinsatz ist hier die Dokumentation von besonderer Bedeutung. Alle Einsatzkräfte wurden namentlich auf den dafür vorgesehenen Dokumenten vermerkt um später die zugewiesenen Filmplaketten, die sogenannten Gleitschattendosimeter, den einzelnen Personen zuordnen zu können. Jeder Helfer der im Kontaminationsbereich eingesetzt werden sollte erhielt zusätzlich ein digitales Alarmdosimeter. Durch diese Maßnahmen wird im Einsatz wie auch bei dieser Übung sichergestellt, dass die Einsatzkräfte rechtzeitig vor Erreichen der zulässigen Grenzwerte zurückgezogen werden können und die aufgenommene Strahlendosis dauerhaft dokumentiert bzw. im Nachhinein nachzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall war zwar bekannt, dass es sich um feste Punktstrahler handelt, jedoch sollte im Rahmen der Übung auch die Verwendung der Meß- und Nachweisgeräte für nukleare Strahlung unter Verwendung verschiedenen Atem- und Körperschutzstufen geprobt werden. So kamen THW Helfer nacheinander in vier verschiedenen Schutzanzugklassen zum Einsatz. Die Schutzanzüge können lediglich gegen sogenannte "Alphastrahler" schützen und haben bei "Betastrahlern" nur noch eine geringe und bei "Gammastrahlern" nur noch eine
zu vernachlässigende Schutzwirkung gegen die eigentliche Strahlung. Die Anzüge dienen jedoch im Wesentlichen dazu eine Kontamination der Haut durch radioaktive Stäube oder Flüssigkeiten zu verhindern und die Dekontamination wesentlich zu vereinfachen. Zur Verhinderung einer Inkorporation müssen Pressluftatmer oder Filtermasken getragen werden.
Truppweise gingen die Spezialisten der SEB-ABC ins Einsatzgebiet vor. Zunächst sollten die Grenzen des Kontroll-, des Überwachungs- und des Sperrbereiches festgelegt werden, was insbesondere dann, wenn man nicht weiß um welchen Strahler es sich handelt und welche Aktivität die Quelle besitzt schwierig sein kann. Durch Festlegung einer theoretischen Einsatzdauer wurde die Überwachungsgrenze bei 25 µS (Mikrosievert) festgelegt und ausgemessen. Außerdem wurde die sogenannte "Nullrate" bestimmt. Zum Einsatz kamen verschiedene Dosisleistungsmesser und Kontaminationsnachweisgeräte. Nachfolgend ging es darum die Strahlenquellen zu lokalisieren. Als Strahlenquellen standen verschiedene Präparate von "Cäsium137" und "Strontium90" zur Verfügung.
Nach einer ersten Übung ging es dann um eine Vertiefung des Wissens und die Demonstration einiger wichtiger Phänomene durch die Ausbilder der Polizei. So wurde die Abschirmung der Strahler infolge von Geländeeigenschaften und Objekten untersucht und die Reflektion insbesondere in Gebäuden demonstriert. Auch die Erkenntnis, dass Strahlenquellen zumeist mehrere Strahlenarten emittieren und dass in einem Bereich wo noch verhältnismäßig wenig Gammastrahlung zu messen ist durchaus schon ein hoher Betastrahlenanteil vorliegen kann war für die meisten Helfer neu. So wurde bei den weiteren Übungen von Beginn an nicht nur die Gammastrahlung sondern durch Verwendung entsprechender Sonden auch die Beta- und Alphastrahlung überwacht.
Für die eingesetzten Trupps ging der Einsatz jeweils an der Kontaminationsnachweisstelle zu ende, wo das Ausmessen der Helfer demonstriert wurde. Die Trägheit der Messgeräte ist hier, wie auch beim Lokalisieren der Strahler von besonderer Bedeutung. So ist es schon erschreckend wie lange das ‚richtige’ Ausmessen eines einzelnen Helfers dauert der aus dem Einsatz kommt, um dann die Aussage zu treffen, das er keine strahlenden Partikel mehr an ihm haften. Zeiten von bis zu 10 Minuten sind hier durchaus realistisch.
Da im THW immer noch keine eigenen Strahlenschutzbeauftragten benannt sind, dürfen auch keine radiaktiven Präparate zu Übungszwecken vorgehalten werden. Aus diesem Grund ist die Möglichkeit der Ausbildung und Übung an der Polizeischule von hohem Wert, da sich gerade im Bereich des Strahlenschutzes viele Phänomene nur mit echten Strahlenquellen demonstrieren lassen. Die Übung war jedoch nur möglich, da sich im THW Ronnenberg mehrere Spezialisten befinden die beruflich bedingt über die Fachkunde zum Strahlenschutzbeauftragten verfügen. Mit der Übung am Samstag wurde die bereits seit Jahren andauernde gute Zusammenarbeit mit der Polizei im Bereich des Einsatzes mit gefährlichen Stoffen und Gütern fortgeführt.
Für die Helfer vor Ort war es vielfach erstaunlich wie empfindlich die vorhandenen Messgeräte doch sind. So konnten die Strahlenquellen z.T. bereits aus einer Entfernung von über 50 Metern als Erhöhung der Messrate erkannt werden. Auch die merkliche Veränderung der Dosiswerte auf den Personendosimetern zeigte anschaulich, welchen Einfluss die Art des Einsatzes, der Strahlenquelle und der Entfernung auf die aufgenommene Dosis hatte. So war im Maximum auf den Dosimetern eine Erhöhung von 11 µS (Mikrosievert) feststellbar. Für Übungen im Rahmen des Hilfeleistungseinsatzes beträgt die zulässige Dosis pro Jahr 1 mS (1 Millisievert = 1.000 Microsievert). Die aufgenommene Dosis lag also um ein Vielfaches unter dem für unschädlich erachteten Wert. Nebenbei war dies eine anschauliche Vorführung der drei ‚A’ im Strahlenschutzeinsatz – ABSCHIRMUNG – ABSTAND – AUFENTHALTSDAUER.
Die Ausbildungsveranstaltung bei der Polizei war für die Helfer des THW Ronnenberg sehr interessant und soll zukünftig wiederholt werden.
Bernhard Rodeck
THW Ortsverband Ronnenberg