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THW beteiligt sich an einer Studie der Medizinischen Hochschule Hannover

Ehrenamtliche Helfer des THW Ronnenberg nehmen an Studie "Der Tod - Heranführen von Einsatzkräften an den Kontakt mit Verstorbenen im Einsatz" teil

Ronnenberg (Region Hannover). Durch Großschadenereignisse, wie das Zugunglück in Eschede oder den Flugunfall in Ramstein, ist in Deutschland das Bewusstsein für die hohe psychische Belastung von Einsatzkräften geweckt worden. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Angeboten, die helfen sollen, das Erlebte besser zu verarbeiten.

Im Rahmen einer medizinischen Promotionsarbeit wurde Ende 2003 ein Projekt an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) durchgeführt, das die Möglichkeiten einer besseren Vorbereitung ehrenamtlicher Helfer untersuchen soll. An der Studie "Der Tod - Heranführen von Einsatzkräften an den Kontakt mit Verstorbenen im Einsatz" beteiligten sich ca. 150 Ehrenamtliche von der Freiwilligen Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk und den Sanitätsorganisationen.

Der Ansatz, den die Mediziner des Institutes für Rechtsmedizin der MHH verfolgten, war eine neuartige Vorbereitung der Helfer bereits vor dem Einsatz, so dass eine psychische Traumatisierung verhindert oder zumindest gemindert wird. Betreut wurde das Projekt zusätzlich durch Angehörige des Institutes für Medizinische Psychologie. Wie verschiedene Studien herausgefunden haben, ist einer der wichtigsten Faktoren für die Traumatisierung das Erleben von Sterben und Tod.

Die Teilnahme erfolgte ausschließlich freiwillig. Mit 41 Helferinnen und Helfern stellte der Ortsverband Ronnenberg die größte Einzelgruppe in der statistischen Stichprobe. An insgesamt drei Terminen wurden die Helfer in der Medizinischen Hochschule und in der Unterkunft mit dem Thema konfrontiert. Dabei wurden immer wieder anonymisierte Fragebogen ausgefüllt, die später durch die Mediziner ausgewertet werden sollen.

Zunächst wurde die Thematik Tod und Sterben theoretisch erörtert. So ging es um Todesdefinitionen, sichere und unsichere Todeszeichen sowie typische Merkmale. Mit zunehmender Dauer der ersten Veranstaltung untermalten Bilder die Erklärungen der Mediziner. Zum Schluss wurden ausführlich typische und untypische Auffindesituationen dargestellt und diejenigen, die sich von dem "ersten Schock" erholt hatten, konnten sich anhand des zuvor Erlernten geradezu detektivisch mit den gezeigten Dias an das Lösen von Kriminalfällen nach "Quincy-Manier" heranwagen. Dem einen oder anderen, dem zuvor recht mulmig gewesen war, half der verhältnismäßig lockere Umgang, den die Rechtsmediziner vorlebten, über die eigene Angst hinweg.

Die Steigerung der Vorbereitung erfolgte durch den realen Kontakt mit Toten. Hierzu waren im Sektionssaal verschiedene Leichen ausgewählt worden, an denen die typischen Merkmale des Todes demonstriert wurden. Bewusst wurde dabei auf die Demonstration besonders Entstellter oder schwer Verletzter verzichtet. Alle Beteiligten hatten ausreichend Spielraum, so dass jeder selbst entscheiden konnte, wie weit er sich nach Vorne wagen wollte, und wann genügend Eindrücke gesammelt waren. Wer wollte, durfte die Leichen danach auch berühren, um ein Gefühl beispielsweise für die Totenstarre zu bekommen.

Nach weiteren Fragebögen wurde ein kurze Nachbesprechung durchgeführt. Überdeutlich fiel schon hier auf, dass vielen Beteiligten die ursprüngliche Angst genommen war. Eine gewisse Erleichterung machte sich bei den meisten breit, da man die Veranstaltung so tapfer überstanden hatte und da die eigenen Befürchtungen unbegründet waren. Den Helfern wurde eine Notfallnummer mit auf den Weg gegeben, an die sie sich zu jeder Tages- und Nachtzeit wenden konnten, wenn es einer gemeinsamen Aufarbeitung der Eindrücke bedurfte.

Nach ca. einer Woche kam man wieder in gleicher Runde zusammen. Zunächst berichtete jeder Teilnehmer, wie er die Woche erlebt hatte, und inwiefern die Leichenschau und die Informationsveranstaltung über den Tod eine Rolle gespielt hatte. Schwerpunkt dieser Zusammenkunft war die Untersuchung von "Stressoren" im Einsatz. Hierbei ließen die Mediziner und Psychologen viel Spielraum für die spezifischen Situationen der Einheit, und die Erfahrungen die man in der Vergangenheit gemacht hatte. Gemeinsam wurden Lösungsmöglichkeiten entwickelt und Probleme kontrovers diskutiert. Weitere Zeit nahm das Thema "Einsatznachbesprechung" ein. Hierbei wurden auch professionelle Hilfsmöglichkeiten für traumatisierte Helfer vorgestellt.

Eine umfassende Auswertung der Studie steht noch aus und wird für das Jahr 2004 erwartet. Die Beteiligten aus dem THW Ortsverband Ronnenberg äußerten sich überwiegend sehr positiv zu den Veranstaltungen. Neben vielen Helfern, die erstmals mit einem Toten in Berührung gekommen waren, hatten auch einige Freiwillige, die 1998 in Eschede oder an der MHH bei dem Transport von Leichen geholfen hatten, an der Veranstaltung teilgenommen. Auf die Ergebnisse der Arbeit des Doktoranden Karsten Steuer darf man gespannt sein.

Bernhard Rodeck
THW Ortsverband Ronnenberg


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