Barsinghausen. Die Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 stellt auch das Technische Hilfswerk vor erhebliche Herausforderungen. An allen bundesdeutschen Standorten sind THW Ortsverbände in die kommunalen Sicherheitskonzepte eingebunden. So stehen zum Beispiel zu jedem Spiel ca. 200 ehrenamtliche Helfer aus den vorgegebenen Bergungs- und Fachgruppen für Notfälle in Bereitschaft.
Der Technische Zug des THW Ortsverbandes Ronnenberg stellt zusammen mit dem Ortsverband Northeim die sogenannte "Sondereinheit Bergung ABC" (SEB-ABC), die zur Weltmeisterschaft als Spezialeinheit für Bergungseinsätze in Kontaminationslagen bundesweit zur Verfügung steht. Der Einsatz dieser SEB-ABC während der WM2006 steht unter Vorbehalt der THW-Leitung und des Koordinierungsstabes des Innenministeriums.
Am Samstag, den 18. März 2006, führten 24 Spezialisten des THW Ronnenberg zusammen mit 4 Jugendlichen der THW-Jugend und einem Arzt sowie fünf Sanitätern des DRK Empelde eine standortverlagerte Ausbildung im "August-Wenzel-Stadion" in Barsinghausen durch. Da die WM-Arena in Hannover aufgrund eines Bundesliga Spieles nicht genutzt werden konnte, unterstützte der Niedersächsische Fußballbund die Ausbildungsmaßnahme des THW und stellte die Tribünenanlagen seiner verbandseigenen Spielstätte, die während der WM der polnischen Nationalmannschaft zum Training dient, zur Verfügung.
Am Vormittag beschäftigten sich die THW-Helfer zunächst mit unterschiedlichen Konzepten, wie nicht gehfähige Verletzte aus den Sitzreihen zu bergen und durch die Aufgänge abzutransportieren seien. Die Fachleute des Rettungsdienstes gaben dabei immer wieder Tipps hinsichtlich der patientengerechten Lagerung und zweckmäßiger Handgriffe für das aufnehmen der Verletzten. Nach verschiedenen kleineren Übungen, die jeweils in mehreren Gruppen durchgeführt wurden, ging es vor dem Mittagessen noch darum ein Konzept zur Überwindung der ca. 5 Meter hohen Mauer zwischen Ober- und Unterrang der Haupttribüne zu entwerfen.
Hier war das Improvisationstalent der Bergungsgruppen gefordert, die verschiedene Leitern, die Absturzsicherung, die Rettungsausstattung und das Einsatzgerüststystem (EGS) nutzten. Es ging bei dieser Maßnahme darum eine temporäre Hilfskonstruktion aufzubauen, die das schnelle ablassen einer größeren Anzahl von Verletzten ermöglicht.
Gegen Mittag traf ein Betreuungstrupp des DRK mit Warmverpflegung und Getränken ein und die an der Ausbildungsveranstaltung beteiligten Verletztendarsteller und Helfer hatten die Möglichkeit sich bei Temperaturen um der Gefrierpunkt kurzfristig wieder aufzuwärmen. Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der Ausbildung der SEB-ABC.
Angenommen wurde eine Übungslage, bei der die THW Spezialisten Verletzte aus dem Tribünenbereich von einer "Schwarz-Weiß-Grenze" aus bergen und diese zur Dekontaminationsstelle bringen sollten. Hierbei wurden jeweils Trupps zu vier Mann eingeteilt wobei insgesamt 8 Helfer mit gasdichten Chemikalienschutzanzügen und 4 Helfer mit Einsatzanzug und Pressluftatmer zum Einsatz kamen.
Die Taktische Basis wurde so aufgebaut, dass die Umkleideräume und die Duschen des Stadions zur Ausrüstung der Trupps und zur Dekontamination genutzt werden konnten. Erstmals kamen die neuen Kennzeichnungswesten für den "Führer der SEB-ABC" (gelb), den "Führer CSA-Einsatz" und den "Führer Taktische Basis" (rot) und die "Atemschutz-/CSA-Überwachung" (schwarz/weiß kariert) zum Einsatz.
Wie bei einer tatsächlichen Kontaminationslage vermutlich ebenfalls anzutreffen, wurden die nicht gehfähigen Verletzten in der Reihenfolge ihres Körpergewichtes von den CSA-Trupps aus den Tribünenbereichen getragen / gezerrt. Dabei kamen auch Bergetücher und Schleifkorb zum Einsatz. Auch diese Übung hat wiedereinmal gezeigt, dass die Möglichkeiten der Menschenrettung bei Verwendung von gasdichten Chemikalienschutzanzügen extrem begrenzt sind und ein Transport vor allem vom Gewicht des Patienten und von der Möglichkeit Hilfsmittel einzusetzen abhängt.
Unterstützt wurden die CSA-Trupps im weiteren Verlauf der Übung durch THW-Helfer die lediglich mit Atemschutz ausgestattet waren. Auch bei der Verwendung von Pressluftatmern wird die körperliche Leistungsfähigkeit bereits deutlich herabgesetzt. Die Übung endete für alle eingesetzten Trupps an der dargestellten Dekontaminationsstelle. Neben dem Verletztentransport war die Kommunikation mit dem Trupps im Schadengebiet über Funk sowie der Atemschutz- und CSA-Überwachung ein weiterer Schwerpunkt der Übung.
Nach ca. 10 Stunden rückten die Helfer von DRK und THW wieder in die Unterkunft ein, wo dann im Anschluss die Schutzanzüge grob gereinigt werden mussten und eine kurze Übungsauswertung stattfand. Die Übung diente auch zur Vorbereitung auf die Großübung am kommenden Samstag in der WM-Arena in Hannover.
Bernhard Rodeck
THW Ortsverband Ronnenberg